Monats Urteile 10/2024
Jobcenter zahlt Miete: Mieter hat kein Recht auf Rückerstattungen
Bezieht ein Wohnraummieter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe des SGB II, geht ein auf Rückerstattung überzahlter Miete gerichteter Bereicherungsanspruch gegen den Vermieter unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf den Sozialleistungsträger über.
BGH, Urteil vom 05.06.2024 - VIII ZR 150/23
Aufrechnung der Mietsicherheit auch mit verjährten Schadensersatzansprüchen möglich
Eine von den Parteien im Wohnraummietvertrag getroffene Barkautionsabrede ist typischerweise dahingehend auszulegen, dass die Möglichkeit des Vermieters, sich nach Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen der Kautionsabrechnung hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache durch Aufrechnung befriedigen zu können, nicht an einer fehlenden Ausübung der ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehenden Ersetzungsbefugnis in unverjährter Zeit scheitern soll.
BGH, Urteil vom 10.07.2024 - VIII ZR 184/23
Umfang des Auskunftsanspruchs des Mieters zur Vormiete
Begehrt der Mieter Auskunft gem. § 556g Abs. 3 Satz 1 BGB, umfasst die Auskunftspflicht des Vermieters das Datum des Vertragsschlusses mit dem Vormieter, den vereinbarten Beginn und das tatsächliche Ende des Vertrags sowie sämtliche im Vormietverhältnis vereinbarten Mieten mit Ausnahme der im letzten Jahr vor seiner Beendigung vereinbarten. Es besteht jedoch keine Pflicht zur Vorlage von Belegen oder einer Versicherung an Eides statt.
LG Berlin II, Urteil vom 08.02.2024 - 67 S 177/23
Mischmietverhältnis - Beweislast bei „erheblichen Mehrkosten" in der Betriebskostenabrechnung?
- Ein materiell-rechtlicher Fehler kann vorliegen, wenn durch die gewerbliche Nutzung „erhebliche Mehrkosten" entstehen.
- Die Darlegungs- und Beweislast für den Ausnahmefall des Vorliegens einer erheblichen Mehrbelastung durch die gemeinsame Erfassung trifft den Mieter.
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 02.02.2024 - 33 C 3020/23
Belegeinsicht: Muss papierlose Büroverwaltung Originalbelege vorlegen?
- Nur in Ausnahmefällen kann der Vermieter nach den Grundsätzen von Treu und Glauben lediglich Kopien oder eingescannte Belege statt der Originalbelege vorlegen.
- Dies ist bei einer papierlosen Büroverwaltung, die auch von den Dienstleistern nur Belege in digitaler Form erhält, der Fall.
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 02.02.2024 - 33 C 3020/23
Kinderlärm führt bei Baumangel zu einem Mietmangel
- Fehlt eine vertragliche Vereinbarung über das Ausmaß des zu gewährleistenden Schallschutzes, so ist die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet, wobei jedoch grundsätzlich nur der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen ist.
- Auch wenn der Mieter sozialüblichen Kinderlärm grundsätzlich hinnehmen muss, gilt dies jedenfalls nicht für dasjenige Mehr an Lärm, das bei Einhalten der Bauvorschriften nicht wahrnehmbar wäre.
- Ansonsten ist Kinderlärm, wie Rennen und Schreien, jedenfalls sofern der Lärm nicht regelmäßig über lange Zeit anhält, während der üblichen Tageszeiten hinzunehmen.
AG Wedding, Urteil vom 03.03.2023 - 16 C 301/21
Störung des Hausfriedens bei übermäßigem Cannabiskonsum berechtigt zur Kündigung
- Der Vermieter ist zur fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Mietvertrags berechtigt, wenn durch exzessiven Cannabiskonsum innerhalb der Wohnung das Gebot der Rücksichtnahme und der Hausfrieden nachhaltig gestört werden.
- Der Vermieter muss dem Mieter vor einer fristlosen Kündigung eine detaillierte Abmahnung unter Auflistung der Vorfälle erteilen.
AG Brandenburg, Urteil vom 30.04.2024 - 30 C 196/23
Betriebskostenrückstand von mehr als zwei Monatsmieten berechtigt zur Kündigung
- Formell wirksam erteilte Betriebskostenabrechnungen können bei einer Rückstandshöhe, die zwei Monatsmieten übersteigt, zur Kündigung Anlass geben (§ 543 Abs. 1 BGB).
- Die Kündigung wegen dieses Rückstands ist kein „einfach gelagerter" RVG-Fall!
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 21.06.2024 - 33052 C 64/24